Erlangen als nationale Modellregion für Wasserstoff- und Klimatechnologie
Antrag der CSU-Stadtratsfraktion Erlangen
Den Antrag der CSU-Stadtratsfraktion finden Sie am Ende dieser Seite zum Download.
Antrag der CSU-Stadtratsfraktion: das Umweltreferat der Stadt Erlangen wird aufgefordert, im Einklang mit der nationalen Wasserstoffstrategie der Bundesregierung und der Wasserstoffstrategie des Freistaats Bayern einen Innovationsplan im Bereich der Wasserstofftechnologie und Klimaschutz zu entwickeln und zu implementieren.
Ziel des Plans soll sein, Erlangen in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit den Nachbarstädten und Umlandgemeinden Schritt für Schritt als bayerische und auch als nationale Modellregion für Wasserstoff- und Klimatechnologie zu etablieren. Grundsätzlich soll der Innovationsplan mehrere Modellprojekte bzgl. der gesamten Wertschöpfungskette der Wasserstofftechnologie, d.h. Wasserstoffforschung, -erzeugung, -transport, -verteilung sowie -nutzung beinhalten.
Aufgrund der Interdisziplinarität und Komplexität der Modellprojekte sind verschiedene Partner und Interessengruppen für die Initialisierung, Koordination und Umsetzung der Modellprojekte notwendig und müssen daher entsprechend berücksichtigt werden. Neben einer studiengestützten langfristigen Planung sollen hierfür auch schon kurz- und mittelfristig fördermittel-finanzierte Pilotprojekte mit wichtigen Erlanger Akteuren wie den Erlanger Stadtwerken, Siemens Energy, der Friedrich-Alexander-Universität, dem Helmholtz-Institut für Erneuerbare Energien sowie Mittelständischen Unternehmen und Startups wie Hydrogenious LOHC Technologies sowie weiteren relevanten Einrichtungen der Metropolregion, insbesondere dem Wasserstoffzentrum Bayern H2B gestartet werden, um für entsprechende Dynamik zu sorgen. Diese Pilotprojekte sollen möglichst so ausgewählt werden, dass sie langfristig zum Ansatz der Modellregion beitragen. Zudem soll mittelfristig ein Inkubator für Startups in diesem Bereich entstehen, um weitere innovative Ideen im Bereich der Wasserstoffnutzung zur Marktreife zu bringen.
Begründung
Mit der Verabschiedung der nationalen Wasserstoffstrategie hat die Bundesregierung ein deutliches Zeichen für den Kampf gegen den Klimawandel gesetzt, nämlich die Fokussierung auf klimafreundliche Technologien, insbesondere die Wasserstofftechnologie und -wirtschaft.
Die Wasserstoffstrategie der Europäischen Kommission sieht vor, bis 2024 1 Mio. Tonnen und bis 2030 10 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff zu erzeugen. Die Elektrolysekapazität soll dabei europaweit von 6 GW auf 40 GW ansteigen, sodass bis zum Jahr 2030 ein europäischer Wasserstoffmarkt etabliert ist. Es ergibt sich also ein Zeitfenster von zehn Jahren für den Markthochlauf der Wasserstofftechnologien im europäischen Kontext. Erwartet wird bis 2050 ein Investitionsvolumen von 488 Mrd. Euro. Deshalb würde der Wirtschaftsstandort Erlangen von der Implementierung eines Innovationsprogrammes mit Bezug auf Wasserstoff- und Klimatechnologie nachhaltig profitieren.
Im Antrag 379/2020 vom 19. Oktober 2020 „Wasserstoff und Brennstoffzelle - Chance für eine dezentrale Energiewende" beantragte die CSU-Fraktion bereits, alle relevanten Innovations- und Förderprogramme für Kommunen und kommunale Unternehmen im Bereich der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie zu prüfen, und Fördermittel entsprechend zu beantragen. Hierbei sollte sich explizit nicht nur auf die Bereitstellung der Infrastruktur im Bereich der Mobilität konzentriert werden, sondern auch auf neue Konzepte der Stromspeicherung und Wärmeversorgung. Die Betreuungsreferate der Stadt Erlangen sollten zudem jährlich dem Stadtrat entsprechende Sachstandsberichte vorlegen.
Im fraktionsübergreifenden Antrag 086/2021 „Erneuerbare Wärmenetze" vom 25.03.2021 wurde die Beauftragung einer Vorstudie angeregt, die mögliche wirtschaftliche Realisierungspfade für die Bereitstellung der Wärmeenergie für Kunden der Erlanger Stadtwerke auf Basis eines Konzeptes der lokalen und ggf. im Stadtgebiet dezentral verteilten Produktion von Wasserstoff und späteren Nutzung in hocheffizienten zentralen und ggf. dezentralen KWK-Prozessen untersucht. Die Untersuchung sollte ein Konzept zum Gegenstand haben, bei dem die Abwärme aus dem Elektrolyse-Prozess für die Wärmeversorgung genutzt wird. Ebenfalls soll das Konzept die Nutzung der vorhandenen Leitungsinfrastruktur für Gas und Wärme sowie der vorhandenen Kraftwerkstechnik (Gasturbine, KWK-Anlagen) bzw. Kosten für deren Umrüstung berücksichtigen sowie die Mengen an Strom aus erneuerbaren Energien ermitteln, die für die Wasserstoffproduktion benötigt würden. Gleichzeitig sollte der Strom aus regenerativen Energien effizient zur Erzeugung von Wärme durch den Einsatz von zentraler und dezentraler Wärmepumpentechnik eingesetzt werden.
Nun gilt es, im Rahmen dieser Untersuchungen auch erste Pilotprojekte anzustoßen, um Erlangen als weithin sichtbare Modellregion zu positionieren.
Das Wasserstoffzentrum Bayern H2.B und das Wasserstoffbündnis waren von Beginn an eine Erfolgsgeschichte mit großem Zuspruch aus Wirtschaft und Forschung. Wir können in Bayern die gesamte Wasserstoff-Wertschöpfungskette abbilden um die H2-Technologien der Zukunft hier im Freistaat zu entwickelt. Dafür investiert die Bayerische Staatsregierung in den kommenden Jahren mehr als 100 Millionen Euro Fördergelder in Forschung und Entwicklung.
Zudem hat der Deutsche Bundestag bereits im Juli 2020 7 Mrd.€ für den Ausbau des Wasserstoffsektors beschlossen und weitere 2 Mrd.€ sind für internationale Kooperationen im Zusammenhang mit der Wasserstoffwirtschaft vorgesehen.
Um die beschriebenen Entwicklungswege mitzugestalten bzw. umzusetzen sind bei einigen der Kernkompetenzträger insbesondere im Bereich der Know-how- bzw. Fachkräfte- und Personalressourcen weitere Investitionen nötig, um kongruente Konzepte im Bereich der Wasserstofftechnologien und der Energieerzeugung (auch vor Ort) als Voraussetzung für die Herstellung von grünem Wasserstoff zu entwickeln.
Erlangen und die Metropolregion Nürnberg sind prädestiniert, eine Pilotfunktion für die deutschen Städte einzunehmen, da an unserer Friedrich-Alexander-Universität durch die Professoren Wasserscheid, Arlt und Schlücker eine revolutionäre Technologie zur Wasserstoffspeicherung durch chemische Bindung an eine organische Substanz (LOHC Liquid Organic Hydrogen Carrier) zum effizienten und gefahrlosen Transport entwickelt wurde. So ist die FAU als innovativste Universität Deutschlands auch Vorreiter in Sachen Wasserstoffforschung. Durch das in Erlangen ansässige und aus den oben genannten Forschungsarbeiten resultierende FAU-Spin-Off Hydrogenious, das als Aufsteiger im Finale zum deutschen Gründerpreis 2021 stand, wurden bereits mehrere in Deutschland wegweisende Projekte für die Wasserstofferzeugung, dessen Transport, sowie Energiespeicherung entwickelt. Mit Siemens Energy sowie dem Siemens-Bereich Mobility ist auch großes industrielles Know-How auf Weltklasse-Niveau in Erlangen beheimatet, auch Schaeffler arbeitet mit Hochdruck an Technik für neuartige Antriebe. Das Wasserstoffzentrum Bayern H2B bündelt die Wasserstoffaktivitäten der gesamten Metropolregion. Zudem können die städtischen Töchter ESTW als Multiutility-Versorger und GEWOBAU als große soziale Wohnungsbaugesellschaft die Wasserstofftechnologie in weiteren realen Anwendungen der der Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Wasserstoff umsetzen, sodass Bürger und Umwelt zunehmend von den Vorteilen der Wasserstofftechnologie profitieren können.
Ähnlich wie über die Jahre hinweg im Medical Valley eine hohe Kompetenz im Bereich Medizintechnik aufgebaut wurde, um als Spitzencluster und Modellregion zu wirken, muss dies auch das Ziel für den Bereich Wasserstoff mit den ESTW als einem der Hauptkompetenzträger sein. Zusätzliche Kompetenzen und Personalressourcen sollten sich ähnlich wie im Medical Valley weitestgehend durch Fördermittel, Zuschüsse und Mitgliedsbeiträge tragen.
Bereits im Herbst 2021 wird in Erlangen durch ein Konsortium unter Führung der H2 Mobility GmbH die weltweit erste Wasserstoff-Tankstelle auf LOHC-Basis (liquid organic hydrogen carrier) entstehen.
Insbesondere sollen auch Gründungsaktivitäten in diesem Bereich unterstützt und befördert werden. Ein Inkubator für Energie- und Wasserstoff-Startups auf dem Gelände des Siemens-Campus in Nachbarschaft zur Siemens Energy, Siemens Mobility, der Technischen Fakultät sowie der o.g. Wasserstofftankstelle soll mittelfristig in Angriff genommen werden.
Zur Finanzierung soll auf die verschiedenen (u.a. bereits genannten) Förderprogramme auf EU-, Bundes- und Landesebene zurückgegriffen werden. Als Ergänzung für die Finanzierung ist es ebenfalls empfehlenswert, neben dem von der Stadt Erlangen beschlossene Budget für Klimaschutzprojekte mit einem Gesamtvolumen von 100 Mio.€ auch die langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten der Sparkasse Erlangen (für gewinnorientierte Investitionen) einzubeziehen.
Bearbeitungsstand dieses Antrags
Wird derzeit von der Stadtverwaltung bearbeitet.
Ansprechpartner:
Alle Mitglieder der CSU-Stadtratsfraktion Erlangen (mit Kontaktdaten) finden Sie hier.